Abfall- und Müll-Entsorgung im Wandel der Zeit
Die Geschichte der systematischen Müllentsorgung begann bereits im 15. Jahrhundert. Statt Hausmüll, Gewerbeabfälle und sogar menschliche Exkremente einfach weiterhin auf Straßen oder in Bächen und Flüssen zu entsorgen, wurden die Abfälle nun konzentriert auf den umliegenden Felder gelagert. Die offenen, meist sehr geruchsintensiven Müllhalden existierten vielerorts noch bis ins 20. Jahrhundert hinein und waren – besonders da sie ständig wuchsen – keine wirklich befriedigende Lösung. Mit der Industrialisierung und der Entstehung moderner Ballungsräume entstand wurde das Müllproblem immer dringender: Städte erstickten im Müll, Krankheiten breiteten sich aus. Im Laufe der Zeit entstand nun zum Schutz der Bevölkerung eine völlig neue Infrastruktur, um der wachsenden flüssigen und festen Abfälle zu entsorgen.
Im 19. Jahrhundert wurde der Müll in offenen Kisten, Eimern und Körben gesammelt und vor der Haustür abgestellt, wo sie mit Pferdekutschen abtransportiert wurden. Mit dem aufstrebenden Bürgertum und wachsenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, wuchs der Wunsch, in einem schönen, sauberen Umfeld zu wohnen.
1876 entstand in England die erste Müllverbrennungsanlage. 1896 – nach einer großen Cholera-Epedemie – übernahm Hamburg dieses Prinzip auch in Deutschland. Der Müll wurde verbrannt und die Müllbehälter waren nun in der Regel verschlossen. Und 1895 gab in Berlin die erste Systemmüllabfuhr, die „staubdicht“ arbeitete und seit Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Müllabfuhr motorisiert und weiter mechanisiert.
Unterbrochen vom 1. Weltkrieg wurden Müllabfuhr und Straßenreinigung ab Mitte der 1920er Jahre in Deutschland ständig weiter modernisiert. Neue Hygieneerkenntnisse und Wirtschaftlichkeit wurden nun immer wichtigere Kriterien. Nach dem 2. Weltkrieg mussten die Trümmerfrauen jedoch erst einmal wieder auf Altbewahrtes zur Schuttbeseitigung zurückgreifen: Mit Handkarren räumten die Areale frei und sortierten dabei wieder verwendbare Materialien sorgfältig per Hand aus.
Nach dem Krieg und dem rasanten Wiederaufbau veränderten sich die hygienischen Verhältnisse dann entscheidend. Die Lebenszyklen von Produkten wurden immer kürzer – die so genannte „Wegwerfgesellschaft“ war geboren. Zuerst in den Städten und dann auch auf dem Land entstand eine kommunal (vorwiegend in den Städten) oder privatwirtschaftlich (vorwiegend auf dem Land) eine geregelte Müllabfuhr mit Ringtonnen und ‑eimern und entsprechenden Müllfahrzeugen.
Ende der 1960er Jahre hatte sich die Abfallbeseitigung in Deutschland dann flächendeckend durchgesetzt. Wobei das Fassungsvermögen der Tonnen ständig erweitert werden musste.
Die moderne Müllentsorgung, wie wir sie heute kennen, entstand jedoch erst ab den 1970er Jahren, als das Thema Umwelt immer relevanter wurde. Besonders durch einige Giftmüllskandale sah sich der Staat in der Pflicht zu reagieren: 1972 wurde ein offizielles Abfallbeseitigungsgesetz gültig und die Müllbeseitigung gehörte nun zu den Aufgaben des Staates. Ziel des neuen Gesetzes war, die vielen unkontrollierten Abfallkippen zu schließen und nur noch überwachte Anlagen zuzulassen. Private Entsorger wurden nun von Kommunen mit dem Sammeln von privatem und gewerblichem Müll beauftragt.
Allerdings kam es zu einem neuen Problem – die Entsorgung sollte möglichst kostengünstig sein, dadurch entstand nun ein so genannter „Abfalltourismus“ und in diesem Zusammenhang gefährliche „Altlasten“ für kommende Generationen.
Ende der 1970er Jahre tauchten in Deutschland die ersten Altglas-Container auf und Mitte der 1980er Jahre folgten Altpapier-Container. 1986 beschloss die Politik ein neues Abfallgesetz zur Vermeidung, Wiederverwertung und Entsorgung von Müll. In die Grundüberlegungen flossen nun auch Umweltschutzgedanken unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft.
Ab den 1990er Jahren folgten Mülltonnen für Verpackungsabfälle, der Grüne Punkt setzte sich durch und die Biotonne für kompostierbare Abfälle gehörte zum Allgemeingut. Und 1991 folgte die Verpackungsordnung und 1993 die Technische Anleitung Siedlungsabfall ((TASi), die die bisherige Deponierung ohne Vorbehandlung künftig unterbinden sollte. Seit 1994 gibt es das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, in dem erstmals die Verwertung Vorrang vor der Beseitigung hatte.
Ressourcenschonung war nun oberstes Gebot. Ab 2005 durften keine Restabfälle ohne die entsprechende Vorbehandlung mehr gelagert werden.
Durch immer stärkere Differenzierung entstand so langsam jene professionelle Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft, wie wir sie heute kennen. Mittlerweile ist die Abfall- beziehungsweise Umweltwirtschaft die am stärksten regulierte Branche in Deutschland und ist mittlerweile vom Entsorger zum Rohstofflieferanten für die Industrie geworden. Die fachmännische Entsorgung trägt gleichzeitig auch zu einer wichtigen Einsparung von CO2 bei.